Wochenende Nr. 5

Nun bin ich also wieder in Butare, der einzigen Stadt auf dieser Welt ohne Internet wie ich manchmal das Gefühl hab. Aber das ist natürlich übertrieben – wenn man sich die Mühe macht, ins Internetcafé zu gehen, dann hat man ja meistens schon eine ganz akzeptable Verbindung. Nach zwei Tagen bei Claudia in Kigali und nem Arbeitstag bei PNILP, wo ich überall rund um die Uhr eine Internetverbindung haben kann, ist es bloß wieder etwas gewöhnungsbedürftig, ohne Verbindung zu sein…

Meine Rückfahrt gestern war wieder quite boring. Grundsätzlich fing meine Reise ja ganz vielversprechend an, als sich eine junge Frau neben mich setzte und gleich auf englisch ein Gespräch mit mir begann. Sie war aus Uganda und wollte sich nun in Butare die Uni ansehen, weil sie wohl studierte oder damit anfangen will. Sie hatte mich gefragt, was ich hier mache, und schließlich haben wir dann auch festgestellt, dass wir beide katholisch sind, was sie mit einem Handschlag besiegelt hat, sozusagen. Ihr Name war übrigens Fiona. Ich hab ihr dann auch noch mein Handy zur Verfügung gestellt, damit sie einen Freund anrufen kann, aber der schien nicht so richtig begeistert zu sein. Ich hab nur verstanden, dass sie sagte, sie wolle kein Geld, sie wollte nur mal hallo sagen… Bis dahin verlief ja alles noch recht freundlich, auch wenn sie schon langsam anfing, mir auf den Keks zu gehen, und das obwohl der Bus noch nichtmal losgefahren war. Dann kam der Busfahrer und wollte die Tickets einsammeln. Meines hatte ich dummerweise in mein Portemonnaie (wie schreibt man das jetzt?) gesteckt, so dass Fiona einen Blick auf mein Geld werfen, ihren Kommentar dazu geben (soviel hatte ich zum Glück nicht dabei, aber 20.000 waren wohl noch drin) und mit einem raschen Griff sich auch nen 5000-RWF-Schein krallen konnte! Ich hab noch versucht, ihr das Geld wieder abzunehmen, aber sie meinte, sie bräuchte was für das Gästehaus in Butare und hatte es auch schon verschwinden lassen. Ich habs dann aufgegeben und ihr nur noch gesagt, dass ich das nicht gerade als ein christliches Verhalten empfinde, anderen Leuten Geld zu stehlen, aber dazu hat sie nichts mehr gesagt. Den Rest der Fahrt hab ich sie dann so gut es eben geht, wenn die Oberarme quasi aneinander kleben, versucht zu ignorieren, auch wenn sie weiterhin so tat als wäre sie meine beste Freundin. Im Nachhinein bin ich wahrscheinlich noch mit nem blauen Auge davon gekommen, weil ich schon befürchtet hatte, sie würde mich fragen, ob sie bei mir schlafen kann, weil sie ja keinen kennt in Butare. Naja, wieder was dazu gelernt: Bustickets immer in Reichweite haben und nie zusammen mit dem Geld aufbewahren…
Bei dem Versuch, mich durch Dösen nicht von Fiona ärgern zu lassen, wude ich aufmerksam, weil wir auf einmal etwa eine halbe Stunde von Kigali entfernt ganz langsam wurden. Ich hatte zwar schon öfter erlebt, dass Straßenkontrollen waren, aber dort ist es sehr kurvig und unübersichtlich, so dass ich doch verwundert, die Augen aufmachte. Der Anblick eines umgestürzten LKW hat mich dann doch etwas überrascht und auch beim Rest der Fahrtgäste brach ein Gemurmel aus. Ich frag mich echt, wie er das geschafft hat, dort umzukippen!

Unfall auf der Landstrasse

Claudia hatte mir übrigens auch noch von einem mehr oder weniger lustigen Unfall erzählt, der sich am Freitag in Kigali ereignet hatte: Da war ein Bus die Straße vom Union Trade Center bergab in Richtung Kreisverkehr gefahren und konnte offenbar nicht bremsen. Jedenfalls ist er direkt auf die Grünanlage gebraust und dann halb auf einer Palme hängend zum Stehen gekommen. Hätte ich echt unheimlich gerne gesehen. Vielleicht finde ich noch ein Foto. Die Palme war wahrscheinlich echt Glück. Wenn der Bus noch weiter gefahren wär, und über die andere Seite vom Kreisverkehr hinaus, wäre es ganz schön den Berg runtergegangen. Dann wäre er wahrscheinlich erst im Fluss-dessen-Namen-ich-jetzt-nicht-finde zum Stehen gekommen…

Gestern Abend waren wir dann noch bei Kurts 65. Geburtstag eingeladen und das Jungvolk, aus dem die Gäste etwa zu 99% bestanden, ging dann anschließend noch in den Safari Club, die örtliche Diskothek. So berauschend fand ich es nun nicht, aber die anderen haben mir versichert, dass es sonst besser wäre. Wahrscheinlich lag der Mangel an Stimmung, daran, dass die da offenbar sowas wie ne Playback-Show veranstaltet haben, wo anfangs ein paar Mädels in reichlich kurzen Miniröcken so getan haben, als würden sie singen und dazu reichlich „table-dance-mäßig“ getanzt haben, nen Hip-Hopper gabs auch, zu dem sich dann auch noch eine Umuzungu (so heißt das richtig, wobei ich noch nicht weiß, ob da zwischen weiblich und männlich unterschieden wird, und übersetzt heißt es übrigens Europäer – was ja eigentlich den Amis und Australiern gegenüber nicht so ganz fair ist und ich frag mich auch, wie sie dann die Südamerikaer, die Asiaten oder die Araber nennen…) gesellte, die die männlichen Anwesenden vermutlich sehr entzückt hat – ich fands reichlich gewagt… Drei Mädels sind dann quasi noch als Girlgroup aufgetreten und haben noch ne Weile sehr beeindruckend mit ihren Hintern gewackelt und zum Abschluss kam dann noch ein Cowboy, der zwei oder drei amerikanische Countrysongs zum besten gegeben hat. Das hat dann auch wirklich gereicht. Es hat dann noch ein bisschen gedauert, bis einigermaßen tanzbare Musik gespielt wurde, aber ne Weile haben wir dann noch getanzt. Komischerweise haben sie fast alle Lieder viel schneller abgespielt als normal, so dass die Stimmen meistens furchtbar piepsig klangen, aber sonst hätte man zu den Liedern wahrscheinlich nur Blues tanzen können und sie hätten noch länger gedauert als sowieso schon. Die meisten Lieder waren in Kinyarwanda bin ich der Meinung, nur ein paar waren in Englisch – Shakira hatten wir wohl gerade verpasst, als wir ankamen ;-)

Die Heimfahrt war dann auch noch abenteuerlich: weil nur zwei Motortaxis da waren, hat uns der eine Fahrer vorgeschlagen, dass Mandy und ich ja zusammen bei ihm mitfahren könnten, der andere würde dann Tim nehmen. Haben wir ja erst nicht geglaubt, dass das wirklich funktioniert, aber es hat gepasst und wie ihr seht, sind wir auch heil angekommen. Aber das bleibt echt ne Notlösung! So richtig wohl haben Mandy und ich uns nicht dabei gefühlt.

Der heutige Sonntag war dann mal wieder durch Faulenzen geprägt, auch wenn ich schon ne Stunde Joggen war und ja nun auch nochmal ins Internetcafé musste…

Nen schönen und ebenso sonnigen Sonntag wünsch ich euch daheim oder wo auch immer ihr gerade seid!

Sonnenuntergang über Kigali am Freitag Abend: Sonnenuntergang ueber Kigali

PS: Kommt ihr noch hinterher mit dem Lesen, oder soll ich mich zukünftig etwas kürzer fassen? ;-)

11 Kommentare

11 comments on “Wochenende Nr. 5

  1. andré sagt:

    na du nützt aber auch alle gelegenheiten aus, dumme bekanntschaften zu machen :) wobei das in Berlin sicher auch ginge.

    wenn man geldscheine in längsrichtung faltet und dann mit der falte nach unten in die geldbörse schiebt, dann sieht man sie nicht von aussen und rutschen auch nicht so leicht raus.

    was auch hilft: eine grösser börse. und keinen schrott (familienbilder, talisme, verjährte gutscheine oder visitkarten) drin aufbewahren, nur geld! schaut dann in summe weniger voll aus.

  2. +Hallo, meine Liebe !
    Bitte nicht kürzen, wenn die Zeit dafür da ist. Es ist gut, an Deinem Leben teilzuhaben. Die Straßenrandpiraten (Klein wie groß) habe ich auch schon anderweitig kennengelernt Z. B. in Brasilien oder in Volavolo (PNG).
    Sei herzlich gegrüßt – und nochmals Dank für Deinen Anruf am 7.3.

    11. 3. 2008 Cordialmente Onky

  3. Moni sagt:

    Die andern habens ja schon gesagt – weiter sooo!!!

    Liebe Grüße und fühl dich gedrückt Moni

  4. Neri sagt:

    Ich mühe mich, mitzuhalten – aber manchmal überflieg ich dann auch nur kurz *schäm*. Trotzdem, für Deine Familie und grade für Dich selbst (Du ließt das später sicherlich selbst nochmal!) solltest Du wohl ausführlich bleiben ;)

    LG, Neri

  5. Nicsi sagt:

    Na Mensch, so ein Feedback hatte ich ja nun nicht erwartet! Vielen lieben Dank! Ok, dann mach ich mal so weiter :)

  6. Andrea Brenner sagt:

    Hallo liebe Nicole, wenn Du genügend Zeit hast dann bitte Deine Berichte nicht kürzen, sie sind toll, es macht Spaß an Deinem ruandischen Leben und , deiner Art Bericht zu erstatten, teilzuhaben. Liebe Gruesse Andrea

  7. Maria sagt:

    Man da haste ja wieder was erlebt! Ich werde mich bemühen die DiKo in den nächsten Tagen Revue passieren zu lassen und dir einen Bericht zu geben! So viel kann ich sagen: Ich habe weniger geheult als geplant, aber traurig war es schon! Und ich soll dich von allen ganz lieb grüßen!

    Ach ja: es dauert zwar ein bisschen bis ich mir alles durchgelesen habe, aber wenn das so lang ist kann man an deinem Leben und den spannenden Erlebnissen viel besser teilhaben!

    Fühl dich von mir uns Marcus gedrückt!
    Maria

  8. Mama sagt:

    Hallo Tochter,
    so viel Zeit muss sein! Wir warten schon immer sehnsüchtig auf deine Berichte.
    Ansonsten – du musst ganz schön Lehrgeld zahlen, is’nt it?
    Bussi von MAMA

  9. MoniW sagt:

    Hallo,
    bloß nicht weniger schreiben! Ich freue mich ueber jeden Bericht! Gehoert sozusagen zur Pflichtlektuere, bevor ich mich abends ans Arbeiten mache. Ist auch wesentlich amuesanter als Stundenvorbereitungen für den naechsten Tag…
    Liebe Gruesse,
    Moni

  10. Nicole (die andere) sagt:

    Hi Suesse,

    also ich schaffe es grad so. Find es auch zu schoen, es zu kuerzen.
    Das Internet ist so lahm… Also weiter so!

    Liebe Gruesse (inzwischen auch aus der Sonne), nic

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