Land der Langsamkeit – bloß nicht für mich?

Ich hatte ja letztes Jahr schon festgestellt, dass die Ruander nicht die schnellsten sind und hatte mich schon darauf eingestellt, dass die Mühlen hier noch langsamer mahlen als bei uns. Das scheint vor allem auf die Verwaltung zuzutreffen, so dass es durchaus auch mal ein halbes Jahr dauern kann, bis ein bestellter Laptop dann auch tatsächlich beim Besteller auf dem Tisch landet. Das ist bei einem Projekt, das auf ein Jahr angelegt ist, schon etwas dumm. Jetzt ist der erste Monat schon vorbei und die Laptops sind noch nicht mal bestellt, weil ich ewig mit Deo, Kurt oder Jean Pierre diskutieren musste, warum ich nicht den standard konfigurierten HP mit 1GB Arbeitsspeicher, nem spiegelnden Screen und Windows Vista haben will. Außerdem geht es wohl darum, dass es angeblich viel teurer ist, von hier aus Laptops zu bestellen, so dass das Budget, das wir für die beiden Laptops haben, wohl nicht für meine Konfiguration ausreichen würde. Also erstmal frage ich mich dann, wer so ein Budget verabschiedet, wenn sie doch offensichtlich wissen, dass man keinen brauchbaren Laptop für diesen Preis bekommt, außer offenbar einen standard konfigurierten HP? Und die nächste Frage, die sich mir stellt, ist, wie ich den letzten Monat hätte was arbeiten sollen, wenn ich nicht meinen eigenen Laptop mitgebracht hätte?! Nun gut, es soll jetzt wohl ein bisschen mehr Equipment angeschafft werden, so dass die Hoffnung besteht, dass es günstiger wird und es gleichzeitig etwas schneller geht, so dass wir mit etwas Glück in zwei Monaten vielleicht doch schon Laptops und GPS-Geräte haben. Super! Wenigstens konnten wir heute beim Meeting mit PNILP soweit Mitleid erregen, dass Alphonse jetzt hoffentlich einen Laptop von ihnen ausgeliehen bekommt, bis unsere da sind. Ich brauch ja nicht unbedingt einen zweiten Laptop, aber das ist halt so im Budget vorgesehen. Ein neuer Stuhl und ein Bildschirm wären mir persönlich ja lieber…
Neben diesen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten (da wünsch ich mir doch meinen lieben Herrn Bade hierher, zu dem ich im Ernstfall mit meinem Antrag und einem freundlichen Lächeln gehen konnte und schon eine Unterschrift hatte :-)) gibt es hier ja nun auch noch so gesellschaftliche Verpflichtungen wie das Gachacha (wie auch immer das geschrieben wird), das jeden Mittwoch bis zum frühen Nachmittag die ganze Stadt lahmlegt, weil sie versuchen ihre Geschichte aufzuarbeiten. Von mir aus, in der Zeit kann ich in Ruhe arbeiten… Dann sind die Leute, die ich sprechen will, komischerweise immer dann nicht aufzutreiben, das Internet funktioniert nicht, so dass ich auch nicht per Email mit denjenigen kommunizieren könnte, Leute gehen nicht ans Telefon und rufen auch ewig nicht zurück, wenn man dann mal eine Email geschrieben hat, lesen sie sie nicht oder beantworten sie jedenfalls erstmal nicht… Hab ich mich ja schon drauf eingerichtet und auch mit abgefunden. Aber MIR dann zu sagen (bzw. sagen zu lassen), dass wir die Sache ein bisschen pushen müssten, damit es vorwärts geht und sich unsere Projektpartner nicht wundern, was wir die ganze Zeit machen – that crowns all! War wahrscheinlich besser so, dass mir das zugetragen wurde, sonst wäre ich den beiden Verursachern dieser „Antriebsrede“ vielleicht an die Gurgel gegangen… Als ob wir die letzten vier Wochen nur Däumchen gedreht hätten! Ich hoffe, dass ich dieser Annahme in unserem Meeting heute etwas entgegenwirken konnte, nachdem ich gestern schon einen Bericht mit vier Karten und etwa dreieinhalb Seiten Text fertig gestellt habe und wie ich denke recht strukturiert durch das Meeting geführt hab. Na mal sehen, ob da eine Art Feedback kommt.

Neben der Projektarbeit darf ich mich nun auch noch um die Vorbereitung von zwei sogenannten Short Courses kümmern (zumindest anteilig). Hier wird gerade ein berufsbegleitender Bachelor-Studiengang vorbereitet, der in anderthalb Jahren zum Bachelor führen soll und mit der Hälfte der Stunden ein Zertifikat die Teilnahme bestätigt. Das Ganze nennt sich Short Course Program. Das sind dann immer Blockveranstaltungen von ein bis drei Wochen Vollzeit, wo beispielsweise Grundlagen der Kartographie und Visualisierung auf dem Programm stehen oder auch erweiterte Kartographie und Webmapping. Und für diese Kurse werden nun gerade wie an der TFH die Modulbeschreibungen erstellt, wobei jeweils etwa drei Leute für eine Beschreibung zuständig sind. Dafür hatten wir jetzt zwei Wochen Zeit, die quasi gleich um sind. In beiden Kursen werde ich dann wahrscheinlich auch unterrichten dürfen. Na da bin ich ja mal gespannt :)

Halbwegs projektbezogen, weil es in den Vereinbarungen zum Projekt steht, hat mich Jean Pierre dann letztens auch noch darauf aufmerksam gemacht, dass ich ja auch capacity building am CGIS machen muss und ob ich denn schon wüsste wann. Meine Herren! Ich wäre froh, wenn mal das Projekt richtig anlaufen würde und da soll ich mir jetzt nen Kopp machen, was ich den Leuten im CGIS neues beibringen kann?! Aber welchen zeitlichen Umfang das Ganze haben und in welche Richtung es gehen soll, kann mir natürlich keiner sagen. Kurt hat das ein bisschen abgewiegelt und mir vorgeschlagen, erstmal einen kleinen Vortrag über meine Arbeit (also bezgl. Health & GIS) zu halten, damit die Leute mich besser kennenlernen und dann könne man weitersehen. Jut, wird gemacht! Mal sehen, wann ich Zeit hab, das vorzubereiten…

So, genug ausgekotzt! Die Arbeit macht mir dennoch unheimlich viel Spaß, weil ich mich richtig in ein Thema einarbeiten kann, gleichzeitig ein bisschen rumprobieren kann und muss und dabei das Gefühl habe, viel zu lernen und dennoch das Projekt voranbringe, wenn auch bisher nur zögerlich.

Und um diejenigen zu beruhigen, die mich schon abgeschrieben haben, und denken, ich käme jetzt gar nicht mehr zurück, weil es mir hier so gut gefällt, kann ich schonmal mitteilen, dass ich vom 27.7. bis 9.8. wieder in Berlin bin – wenn auch nur vorübergehend. Den Flug hab ich heute gebucht :) Danke Ute!

PS: Ich hoffe, dass ich trotz des Stress‘ bald mal dazu komme, auch für euch eine oder mehrere Karten zu fabrizieren, damit ihr wisst wo ich bin. Nicole hat ja schon recht: ne Kartographenseite ohne Karte ist ja irgendwie nix.

3 Kommentare

3 comments on “Land der Langsamkeit – bloß nicht für mich?

  1. Iza sagt:

    Hi Nicole,

    echt interessant deine Homepage. Du bist wirklich in einer ganz anderen Welt als Deutschland, aber es scheint dir dort zu gefallen, und das ist wichtig.
    Da hast du ja echt was erlebt, als du um die Häuser gezogen bist. Trevor scheint wirklich kein Charmeur zu sein. Dem hast du hoffentlich klar deinen Standpunkt gezeigt.
    Ich wünsche dir angenehme Ostertage und etwas Sonnenschein. Übrigens beim Wetter verpasst du nichts, denn hier soll es schneien.

    Liebe Grüße von deiner KS Izabela

  2. andré sagt:

    glaubst du immer noch dass du nur 1 jahr unten bleibst? ;-)

  3. alex sagt:

    du scheinst ja doch auch zu arbeiten und nicht nur auf aemtern herumzulaufen und dich „afrikanisch zu sozialisieren“. aber lass dich nicht stressen von den typen, bei denen dann selber nix weiter geht. auch du kannst ja nicht zaubern, oder? haelst du deine vortraege usw. auf englisch?

    ich schreib dir demnaechst mal wieder ein langes mail, wie es so bei uns geht. wie es bei dir zugeht, weiss ich ja ;-).

    liebe gruesse
    alex

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